Workflow mit Anwaltssoftware – Optimierung des Kanzleimanagements

Software von der Stange oder maßgeschneidert?

Alle auf dem Markt befindlichen Anwaltssoftwareprogramme sind Standardsoftware und decken ein breites Spektrum ab. Eine individuelle Software, die für die Bedürfnisse der einzelnen Kanzlei bzw. des einzelnen Anwenders geeignet ist, ist in der Regel nicht finanzierbar.

Die Anbieter liefern „Konfektionsware“ aus, beispielsweise beim Kontenrahmen, bei den statistischen Auswertungen und den Musterformularen. Passen Sie – ggf. gemeinsam mit dem Anbieter – soweit möglich, das Programm an Ihre Bedürfnisse an. Trennen Sie sich von Mustern und Bereichen, die nicht in Ihr Portfolio passen und erstellen Sie passende Muster für Ihre Bereiche.

Workflow

Definieren Sie Regeln

Ein hoher Grad der Einheitlichkeit kann nur dann erreicht werden, wenn in der Kanzlei Regeln aufgestellt werden. Nach welchem Schema werden Namen gespeichert? Schon beim „Freiherrn von und zu“ werden Fragen auftreten, die zu klären sind. Wie wird das Rubrum gestaltet? Bleiben Sie kurz und prägnant. Wann darf eine Adresse geändert werden, die für mehrere Akten verwendet wird? Die Änderung wirkt sich in allen Akten aus, auch wenn sich z. B. eine Zweigstelle meldet. Beispiel: Es wird die Hauptstelle der Rechtsschutzversicherung angelegt, es meldet sich die Zweigstelle. Jetzt muss differenziert werden, welche Adresse an welchen Akten beteiligt ist und ob ggf. zwei unterschiedliche Adressen der RSV angelegt werden sollen.

Nutzen Sie drebis

Fehler bei der Adressänderung lassen sich vermeiden, wenn man auch mit Ver­sicherungen digital kommuniziert. Hierzu stellt die Versicherungswirtschaft die verschlüsselte Webplattform „drebis“ zur Verfügung. Sie ermöglicht den direkten Informationsaustausch zwischen Anwälten und Rechtsschutz-/Haftpflichtversicherungen ohne Medienbruch. Viele Anbieter haben eine drebis-Schnittstelle in ihr Programm integriert, sodass die Daten aus der Anwaltssoftware direkt in drebis übernommen werden. Versicherungen arbeiten schon lange digital. Drebis bietet für Kanzleien den Vorteil, dass die Bearbeitungsdauer seitens der Versicherer erheblich verkürzt wird. Die Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung erfolgt binnen zwei Tagen und auch Vorschussrechnungen werden sofort bezahlt. Die Kanzlei kann mit eingescannten Dokumenten direkt aus der elektronischen Akte heraus arbeiten und reduziert die Bearbeitungszeit. Leider nutzen noch nicht alle Versicherungen drebis.

Einheitliche Schreibweise von Dateinamen

Durch die Vorgaben zu § 5 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVB 2018 vom 19.12.2017 und ERVB 2019 vom 20.12.2018) werden beim Versenden über das beA bestimmte Dateiformate (PDF/A, ggf. zusätzlich TIFF) verpflichtend. Zusätzlich sind Dateinamen, aus denen der Inhalt des Dokuments ersichtlich ist, zu verwenden. Geben Sie daher Regeln für das einheitliche Benennen von Dateinamen vor. Bei eingescannten oder von Mandanten eingereichten Dokumenten ist darauf zu achten, dass die Dateien die Vorgaben der ERVV (barrierefrei, druckbar, kopierbar, durchsuchbar, Schriftarten eingebettet) erfüllen. Derzeit haben die Justizserver bei Umlauten und Sonderzeichen noch Schwierigkeiten in der Verarbeitung, vermeiden Sie daher Umlaute, Sonderzeichen und den Schrägstrich. Bindestrich und Unterstrich sind zulässig. In den einzelnen Bundesländern gibt es unterschiedliche Regelungen für die Dateilänge zwischen 50 und 90 Zeichen. Achten Sie darauf, dass die Dateilänge 50 Zeichen nicht überschreitet, so bleiben Sie auf der sicheren Seite.

Verwenden Sie Musterformulare!

Die von den Anbietern teilweise mitgelieferten Texte sind aus Sicht der Kanzlei häufig ungeeignet. Formulieren Sie die Texte so, dass sie in Ihrer Kanzlei auch verwendet werden.

Wenn Sie mit variablen Daten, z. B. einem individuellen Einschub, arbeiten, können Sie Platzhalter nutzen. So sparen Sie Zeit bei wiederkehrenden Texten. Prüfen Sie jeden diktierten Text auf seine Tauglichkeit zur Standardisierung. Mit einem einheitlichen Standard können Sie die Einarbeitung von Urlaubsvertretern und neuen Mitarbeitern oder Aushilfen deutlich erleichtern.

Erstellen Sie ein eigenes Kanzlei-Handbuch

Jede Software ist nur so gut wie ihre Nutzer diese bedienen können. Viel Wissen geht beim Weggang von Mitarbeitern verloren. Legen Sie Wert auf eine intensive Nutzung und bieten Sie für alle Niveaus Schulungen an. Schöpfen Sie das Potenzial der Software aus. Bauen Sie für alle Bereiche, ggf. in einem internen Wiki, Bearbeitungshinweise und Musteranwendungen auf. Legen Sie Regeln fest. Prüfen Sie regelmäßig die Einhaltung.

Mein Interviewpartner, Rechtsanwalt Christian Solmecke, berichtete mir, dass die Schwierigkeit regelmäßig darin bestehe, die Anleitungen aktuell zu halten. Zwar werde in seiner Kanzlei ein einmal aufgesetzter Prozess in der Praxis ständig weiter optimiert, aber im Büroalltag werde dann vergessen, die Beschreibungen anzupassen – mit der Folge, dass sie veralten (vgl. Digitalisierung erfolgreich umsetzen – Ein Leitfaden für jede Anwaltskanzlei, S. 51, Rn. 2)

Die Buchhaltung ist das Cockpit

Welche statistischen Auswertungen liefert die Software? Das Motto des virtuellen Anwaltstages 2020 lautete „Die Kanzlei als Unternehmen“. Die unternehmerische Seite der anwaltlichen Tätigkeit stand im Fokus. In der Coronakrise hat sich gezeigt, dass Digitalisierung den Kanzleialltag prägen, erleichtern und sicherstellen kann.

  • Haben Sie einen tagesaktuellen Überblick über Einnahmen und Ausgaben?
  • Erfolgt die Aktenbuchhaltung zusammen mit der Finanzbuchhaltung?
  • Sind die statistischen Auswertungen mit dem Kontenrahmen verknüpft? (Passen Sie den Kontenrahmen an die Bedürfnisse der Kanzlei an.)
  • Arbeiten Sie mit einem Steuerberater zusammen?
  • Benötigt dieser die Auswertungen als Export für seine Software?
  • Wie erfolgt dieser Export?
  • Stimmen Sie auch den Kontenrahmen mit Ihrem Steuerberater ab, damit unnötige Buchungen vermieden werden.
  • Wenn Sie die Buchhaltung auslagern, können Buchungen im Idealfall durch Steuerfachangestellte in Ihrer Anwaltssoftware vorgenommen werden, damit Sie jederzeit den Überblick behalten und nicht auf die monatlichen Auswertungen des Steuerberaters angewiesen sind.